Was ist Wahrnehmung, wie entsteht Bewusstsein, was ist Identität ?
Im Vorgang der „Wahrnehmung“ werden Informationen nicht nur aufgenommen sondern auch mit bereits bestehenden Informationen/Erfahrungen (Gedächtnis) verglichen.
Somit ist die Wahrnehmung ein wichtiger Bestandteil von „Informationsverarbeitung“.
„Wahrnehmung“ ist in einem erweiterten Sinne ein Teil des „Denkens“.
Alle Informationen werden im Vorgang der „Wahrnehmung“ ständig neu verknüpft und damit ein ständig aktualisierter Gesamteindruck unserer Situation ermöglicht.
Durch die immense Rechenleistung des Großhirns, seiner Lernfähigkeit, seiner Erinnerungsfähigkeit und seiner neuronalen Verknüpftheit mit allen subkortikalen Teilen, wird beim Menschen eine sehr komplexe Zusammenschau möglich. Dies wird als „Bewusstsein“ bezeichnet.
Das „Bewusstsein seiner selbst“, der Eindruck von Identität und die Fähigkeit zur Reflexion (als ein überdenken von Information), entsteht auf der Basis dieses komplexen Prozesses der Informationsverschaltung, genannt Wahrnehmung.
Auf dieser dreidimensionalen hochkomplexen neuronalen Verschaltung (s.a. Antonio Damasios Konvergenzzonen) gründet auch die Vorstellungsfähigkeit.
Auf der Basis dieser enormen Rechenleistung ist es dem Menschen möglich, die Reaktionen der schnellen emotionalen Schaltkreise zu „überdenken“.
Im permanenten Prozess der Wahrnehmungsbildung liegt zunächst ein Grobeindruck (Säugetierwahrnehmung) vor, der die Grundlage für eine erste subkortikale und damit schnelle emotionale Reaktion bildet. Es kann sein, dass diese Säugetierwahrnehmung – basierend auf dem Säugetiergehirn – nicht Teil einer weiteren Informationsintegration wird, nicht ins Bewusstsein dringt und dann auch nicht überdacht werden kann. In diesem Fall ist ein Mensch emotional ferngesteuert. Dies kann zwar als umweltangepasst betrachtet werden, nicht aber als bewusst gesteuert oder überdacht/durchdacht.
Da „Emotionen“ als körperliche Bewegtheit ebenfalls „Informationen“ darstellen, die der Schaltzentrale Gehirn zurückgemeldet werden – wie die Informationen aus den anderen Sinneskanälen – ist es mit etwas Übung möglich, seine eigene subkortikale emotionale Reaktion auch durch das veränderte muskuläre Zustandsbild des Körpers zu identifizieren (neben dem eigenen beobachtbaren Verhalten).
So wird es Menschen möglich, das Verhalten bewusster zu steuern, statt nur ein Getriebener einer emotionalen Reaktion von z.B. Wut oder Angst, zu sein! Dadurch ist dem Menschen eine Kultivierung und Flexibilisierung der subkortikalen emotionalen Reaktionen möglich.
Die Wahrnehmung des eigenen Körpers kann uns außerdem zum Eindruck führen „ich fühle also bin ich“. Wir können uns selbst beim Denken wahrnehmen und sagen „ich denke also bin ich“. Das Anzapfen aller Erinnerungen kann uns sagen lassen: „das ist meine Geschichte und deshalb habe ich Vorlieben, Stärken und Schwächen und so bin ich“.
Mit der Abbildungs- und Repräsentationsfähigkeit des gesamten Gehirns werden alle Informationen gleichzeitig darstellbar und können so ein momentanes und hochkomplexes Bewusstsein unserer Selbst bilden, also von uns selbst als körperliche und denkende Wesen mit einer Geschichte.
Alles gleichzeitig, durch den Prozess der Wahrnehmung verschaltet – spürbar und abstrakt – in einem einzigen Augenblick.
So entsteht Bewusstsein und so entsteht Identität nicht nur als „ich denke also bin ich“ sondern auch „ich bin ein Körper und kann mich spüren also bin ich“.